Unterstützung im Fellwechsel für Kaninchen – selbstgemachter Anti-Hairball-Brei

28.10.2021

Die meisten Tiere unterliegen einem regelmäßigem Wechsel ihres Fell- oder Federkleides. Diese Zeit ist für die Tiere anstrengend, denn der ganze Organismus wird durch die Erneuerung der schützenden Schicht stark beansprucht. 

Bis auf vereinzelte Zuchtrassen haben auch Kaninchen einen regelmäßigen Fellwechsel - mind. 2 x jährlich. In dieser Zeit wechseln die Tiere ihr komplettes Fellkleid - aufgrund der sehr dichten Behaarung können sie dabei eine unglaubliche Masse an abgestoßenem Fell produzieren! Im Gegensatz zu Katzen, die verschlucktes Fell wieder erbrechen, können sich Kaninchen physiologisch nicht übergeben, da ihre Magenmuskulatur dafür zu gering ausgeprägt ist. Das bedeutet, dass die Tiere während des Fellwechsels eine hohe Menge an losen Haaren aufnehmen können, wenn sie dabei nicht unterstützt werden. Für die hoch sozialen Tiere gehört auch die gegenseitige Fellpflege zum täglichen Beziehungsritual, sodass während des Fellwechsels noch mehr Haare verschluckt werden - nämlich zusätzlich zu den eigenen Haaren auch die der Partnertiere oder des Partnertieres. Dies ist eine unzumutbare Belastung für den empfindlichen Verdauungstrakt von Kaninchen! Dieser Fellwechsel, der bei manchen Tiere extreme Ausmaße annehmen kann, ist bei unseren gezüchteten Hauskaninchen stärker ausgeprägt, als bei ihren wilden Verwandten, den Wildkaninchen. Daher ist es enorm wichtig, dass Tierhalter ihre Kaninchen während des Fellwechsels mit verschiedenen Maßnahmen unterstützen, um gesundheitlich gravierende Folgeprobleme zu vermeiden.

Problematische Folgen bei verschluckten Haaren - Magenüberladungen und Verstopfungen aufgrund von Haarballen:

Nicht jedes Tier kann verschluckte Haare problemlos durch den Verdauungstrakt ausscheiden. Bei Kaninchen kann es sehr schnell zu einer lebensbedrohlichen Magenüberladung und/oder Verstopfung kommen! Da die Magenmuskulatur von Kaninchen sehr schwach ist, muss regelmäßig neue Nahrung nachgeschoben werden, um die langsame Verdauung anzuregen. Wenn sich dann aber viele Haare im dünnwandigen Magen befinden, kann es sehr leicht dazu kommen, dass der Nahrungsbrei im Magen nicht mehr weiter transportiert wird. Der komplette Verdauungstrakt von Kaninchen ist darauf ausgelegt, dass regelmäßig Nahrung zugeführt wird und der Nahrungsbrei durch den Kaninchendarm "geschoben" wird, denn auch der Darm hat nur eine schwache Eigenbewegung (Peristaltik). Wird dieser Vorgang nun durch eine Magenüberladung oder Verstopfung im Darm infolge von verschluckten Haaren unterbrochen, können sehr schnell lebensbedrohliche Aufgasungen im Magen und Darm entstehen, die für Kaninchen extrem gefährlich werden können - denn Kaninchen können weder aufstoßen noch pupsen. Kleinere Gasbildungen werden normalerweise mit dem Kot ausgeschieden - entstehen aber Gasansammlungen aufgrund von Magenüberladung oder Verstopfung, so bläht sich der Magen oder Darm auf und bereitet starke Schmerzen. Die Folge: Das Fressen wird eingestellt.

In beiden Fällen muss das Tier sofort tierärztlich behandelt werden! Mit speziellen Medikamenten und Infusionen kann man oftmals die Verdauung wieder in Gang bringen und das Tier retten - doch ist dies nicht immer ausreichend und eine Operation ist die letzte Option! Leider versterben auch viele Tiere aufgrund einer Magenüberladung oder Verstopfung qualvoll, da nicht mehr rechtzeitig geholfen werden konnte oder die Problematik zu groß war, sodass keine Medikamente mehr helfen. Auch OPs am Magen-Darm-Trakt sind hochgradig riskant! 

Um diese Horrorszenarien zu vermeiden und seinen Tieren den Fellwechsel so leicht wie möglich zu machen, kann man mit verschiedenen Maßnahmen gegensteuern und seinen Tieren so unterstützend helfen. Aber bitte beachtet, dass die folgenden Empfehlungen nur als Prophylaxe dienen und keinen tierärztlichen Besuch ersetzen! Ein Kaninchen, welches plötzlich das Fressen einstellt und sich zurück zieht, ist immer ein Notfall und muss sofort tierärztlich versorgt werden!

Auf Köttelketten achten

Ein erstes Anzeichen für den Fellwechsel können sogenannte Köttelketten sein. Denn nicht immer sieht man als Tierhalter, ob das Kaninchen schon im Fellwechsel ist. Köttelketten zeigen an, dass bereits lose Haare aufgenommen wurden - sie sind an sich ungefährlich, sollten aber ein klares Signal für den Tierhalter sein, die Tiere zu unterstützen.

Wichtig: Entstehen Köttelketten, obwohl die Tiere keinen Fellwechsel haben, so können diese auch Anzeichen für andere Erkrankungen sein, z.B. Parasiten oder verschluckte Textilfasern. In diesen Fällen ist tierärztliche Hilfe gefragt!


Regelmäßige Fellpflege - ein unbedingtes MUSS!

Eine regelmäßige Fellpflege ist bei Kaninchen das A und O! Denn: Wo weniger lose Haare, da weniger Gefahr von verschluckten Haaren! Im Handel gibt es zwar eine große Auswahl an Bürsten und Kämmen, allerdings sind viele davon ungeeignet, da sie entweder die Unterwolle nicht mit heraus holen oder das Fell heraus reißen und dem Tier so Schmerzen zufügen! Aus eigener, jahrelanger Erfahrung kann ich die einfache Zupfbürste oder Softbürste empfehlen - sie entfernt auch die lose Unterwolle und schädigt das Deckhaar nicht. Aber Vorsicht: die relativ scharfen Zackenenden können bei allzu intensivem Bürsten auch die Haut reizen. Daher bitte sanft bürsten.

Foto: Bunny-Village
Foto: Bunny-Village

Die Fellpflege sollte damit beginnen, dass man lose Fellbüschel und Haare mit der Hand heraus zupft (trimmen) - hier kommt schon richtig viel raus! Wenn das soweit geschafft ist, dass man keine Fellbüschel mehr mit der Hand heraus ziehen kann, wird gebürstet. Ihr werdet staunen, was ihr da noch an losem Fell heraus holt!


Artgerechte Frischfütterung

Eine Ernährung ausschließlich mit frischem Grün ist ebenso eine gute Vorsorge gegen verschluckte Haare! Denn durch das frische Grünfutter nimmt das Kaninchen auch ausreichend Flüssigkeit auf, welche die Verdauung unterstützt - auch die langen Pflanzenfasern regen die Verdauung an. Eine überwiegende Fütterung mit Trockenfutter ist nicht nur ungesund und schädlich für die Zähne, es kann sogar Fehlgärungen im empfindlichen Verdauungstrakt verursachen und verschluckte Haare werden noch schneller zu einem großen Problem!


Zusätzliche Unterstützung zur Fellpflege: der Anti-Hairball-Brei

Mina schmeckt´s 😊
Mina schmeckt´s 😊

Um eure Kaninchen zusätzlich zu unterstützen, hat sich die Gabe eines Anti-Hairball-Breis bewährt. Denn viele Tiere reagieren trotz gründlicher Fellpflege sehr empfindlich auf verschluckte Haare und können trotzdem Magenüberladungen oder Verstopfungen entwickeln. Um dem vorzubeugen, könnt ihr entweder die fertige RodiCare Hairball-Paste nutzen oder ihr bereitet euren Tieren selbst einen Brei zu. Der Vorteil: wird der selbstgemachte Brei gut und gerne angenommen, könnt ihr ihn auch zur Gabe von bestimmten Medikamenten oder Nahrungsergänzungsmitteln nutzen.

Anleitung: 

Test-Brei: Bietet euren Kaninchen zunächst Obst, geraspeltes Gemüse, Haferbrei oder eingeweichte Leinkuchenpellets PUR an, um zu sehen, ob eure Tiere diese Nahrungsmittel überhaupt mögen. Habt ihr etwas gefunden, das euer Kaninchen mag und das sich zerdrücken bzw. zu Brei verarbeiten lässt, könnt ihr in kleinen Schritten beginnen, das Tier an den Brei zu gewöhnen. Als erstes bietet ihr das Obst oder Gemüse, z.B. Banane, zerdrückt auf einem kleinen Teller pur an. Wenn euer Tier es gerne frisst, könnt ihr mit dem Brei beginnen.

1. Anfangs eine reichliche Messerspitze gemahlene Flohsamenschalen mit 1-2 Teelöffel Wasser ca. 5 Minuten quellen lassen.


2. Darin dann ein Stück Obst (Größe von ca. ½ Daumen), geriebenes Gemüse, etwas Haferbrei oder eingeweichte Leinkuchenpelltes zerdrücken und das Ganze mit einander vermischen. 

In diesen Brei könnt ihr auch unterstützende Ergänzungsmittel wie RodiCare-Produkte, ProPre-Bac, Mariendistel oder frisch geriebenen Ingwer verstecken. Auch Panacur zur Behandlung von Encephalitozoon cuniculi lässt sich gut über solch einen Brei verabreichen.

Nimmt euer Kaninchen diesen Brei gut an, könnt ihr die Menge an Flohsamenschalen nach und nach erhöhen - bei größeren Tieren oder sehr empfindlichen Tieren mit wiederkehrenden Verdauungsbeschwerden (z.B. bei Darmträgheit aufgrund von Encephalitozoon cuniculi) bis zu 1/3 Teelöffel + höherer Wassermenge.


Foto: Grünhopper
Foto: Grünhopper

Für Brei-Muffel hat sich auch die Gabe von Leinkuchenpellets bzw. Leinkuchenflocken bewährt - diese können während des Fellwechsels täglich verfüttert werden. Bitte nur max. 1-2 Pellets / Flocken täglich - sonst wird euer Hasi zu dick 😄 

Die Leinkuchenflocken können trocken angeboten werden, da sie recht weich sind. Leinkuchenpellets sollten mit etwas Wasser oder Tee aufgeweicht werden, da sie sehr fest gepresst sind. Wichtig bei der Gabe von Leinkuchenpellets ist eine ausreichende Flüssigkeitszufuhr - diese kann durch Wasser, Tee oder verdünnte Gemüsesäfte erhöht werden.


Fütterung von Sämereien / Kernen / Ananassaft

Alle Sämereien wie Sonnenblumenkerne, Kürbiskerne, Leinsamen und Co. sind reine Ölsaaten und damit wahre Fett- und Proteinbomben. Das Fett und Protein muss aber erstmal verdaut werden - um einen spürbaren Effekt auf den Darm zu erzielen, müsste eine größere Menge an Sämereien gefüttert werden. Dies ist aber weder für die Leber noch für die Figur des Tieres gut!

Ananassaft wird leider noch immer gern als Prophylaxe empfohlen, hat aber absolut keinen nachweisbaren Effekt auf die Abführung von verschluckten Haaren! Da Ananassaft sehr zuckerhaltig ist, können hier schnell Probleme in der Darmflora (Hefen) entstehen - daher bitte Hände weg!